Die WHO und Interpol schätzen, dass jährlich ca. eine Million Menschen an den Auswirkungen gefälschter Medikamente versterben. Ende 2007 kam es in den USA zu einem Fall, in dem verunreinigtes unfraktioniertes Heparin (Blutverdünnungsmittel) von Baxter International Inc. in den Umlauf gelangte und zu allergieähnlichen Reaktionen bei Patienten führte. Bis Juni 2008 starben 246 Menschen. Über 70 Prozent des in den USA verkauften Heparins werden in China hergestellt. Hier kam es zu einer Verunreinigung des Medikaments durch übersulfatiertes Chondroitinsulfat (OSCS, oversulfated chondroitine sulfate). Zwölf weitere Länder, von Europa über Japan bis Australien, waren von diesem Betrug betroffen. Auch Deutschland war zu dieser Zeit mit Heparin beliefert worden, glücklicherweise kam es hier zu keinen Todesfällen.

Im August und September 2013 tauchten Fälschungen des Krebsmittels Sutent auf, im Oktober 2014 des Krebsmittels Avastin. In den USA werden seit Jahren mit Fentanyl gestreckte Schmerzmittel verkauft. Hierbei handelt es sich um eines der stärksten Schmerzmittel auf dem Markt, das sehr schnell zu körperlicher und psychischer Abhängigkeit führt und bei einer Überdosis zum Tode.

Immer wieder müssen Medikamente aufgrund von Verunreinigungen zurückgerufen werden. Ein großes Problem für die Patientensicherheit, aber auch eine große Herausforderung für ein klinisches Risikomanagement.

Ein Grund für gefälschte und verunreinigte Medikamente sind Auslagerungen der Produktion in Billiglohnländer wie China oder Indien. Zudem sind seit 2002 Apotheken per Gesetz zu Importquoten dazu verpflichtet, fünf Prozent an reinportierten Arzneimittel zu verkaufen. Hierfür werden Beipackzettel ausgetauscht sowie Medikamentenschachteln neu etikettiert oder komplett erneuert. Die Herkunft eines Arzneimittels lässt sich somit nicht mehr nachvollziehen. Auch deutsche Krankenkassen profitieren von preisgünstigeren reimportierten Medikamente, sparen sie so jedes Jahr ca. 240 Millionen Euro. Dies geht jedoch auf Kosten von Patienten, die auf wirksame Medikamente vertrauen.
Eine investigative Dokumentation der ARD vom 17. Mai 2017 zu diesem Thema finden Sie hier.

Was können Patienten tun, um gefälschte Medikamente zu erkennen?
Schauen Sie sich Ihr Medikament genau an. Hat sich die Verpackung oder der Beipackzettel geändert und sieht anders aus? Befinden Sie plötzlich Rechtschreibfehler im Text oder sind Namen falsch geschrieben? Fühlt sich die Verpackung anders an?Wenn Sie sich unsicher sind, fragen Sie Ihren Apotheker. Natürlich tauchen auch in Apotheken immer mal wieder gefälschte Medizinprodukte auf, jedoch weitaus seltener als bei anderen Bezugsquellen, wie z. B. Ebay oder Online-Apotheken, bei denen nicht nach einem Rezept verlangt wird.
Auch können Sie Ihrem Arzt sagen, dass Sie keine Reimporte erhalten wollen. Allerdings ist dies kein hundertprozentiger Schutz aufgrund des vorgenannten Gesetzes zur Importquote.

Was tun Pharmaunternehmen, um gefälschte Medikamente zu vermeiden?
Im Jahr 2019 ist der Start des »securPharm-Projekt« vorgesehen. Dieses Projekt setzt die EU-Richtlinie 2011/62/EU um. In dieser Richtlinie wird gefordert, dass verschreibungspflichtige Medikamente mit Sicherheitsmerkmalen versehen werden, die es Apotheken und Großhändlern ermöglicht, die Echtheit des Medikaments zu überprüfen. Die Arzneimittel erhalten hierzu einen eindeutigen Code, den die Apotheke scannt und mit einer Datenbank abgleicht. Erscheint dieses Medikament nicht in der Datenbank, ist der Apotheke gewarnt und gibt es nicht heraus. Leider gilt diese Regelung erst einmal nur für verschreibungspflichtige Medikamente.Eine Abkehr von Billiglohnländern ist nicht geplant und auch wird es in securPharm (erst einmal?) keine zusätzlichen Qualitätskontrollen geben, die dafür sorgen, dass illegale Produkte nicht auf legalem Weg in den Handel gelangen. Es bleibt noch viel zu tun.

Quellen: Pharmazeutische Zeitung von 01/2010 sowie die Themenseite »Pharmacrime« der Tagesschau.